1.1. Betriebliche Funktionen

 

Die Aufgabe der Betriebe ist die Erwirtschaftung von Gewinnen über den Wertschöpfungsprozess. Er besteht aus der Abfolge von

 

Einkauf  =>  Produktion  =>  Verkauf.

 

 

 

Der Verkauf ist darauf ausgerichtet, Wünsche von Kunden zu erfüllen und daraus Umsätze zu erwirtschaften. In der Produktion werden unterschiedliche Produktionsfaktoren kombiniert. Beim Einkauf sind Potentialfaktoren (Gebrauchsgüter) und Repitierfaktoren (Verbrauchsgüter) und Arbeitskraft zu unterscheiden. Die Abläufe können also vereinfacht wie folgt beschrieben werden:

 

Die Aufgabe der Betriebe ist die Erwirtschaftung von Gewinnen über den Wertschöpfungsprozess, der vereinfacht wie folgt beschrieben werden kann:

 

Abb. 1: Die betriebliche Wertschöpfungskette / betrieblicher Wirtschaftskreislauf

(Quelle: eigene Darstellung)

  

Der Einkauf von Arbeitskraft kann nicht eindeutig dem Gebrauch oder Verbrauch zugeordnet werden. Formal verkauft der Arbeiter ein Volumen an Arbeitszeit. Dann wäre die Arbeit ein Verbrauchsgut. Allerdings kümmert sich der Arbeitgeber auch um die Aus- und Fortbildung und um die Motivation seiner Arbeitskräfte. Inhaltlich stellen sie eher ein Leistungspotential dar. Dann wäre die Arbeitskraft ein Gebrauchsgut. Der Arbeitgeber will dieses Gebrauchsgut möglichst intensiv nutzen, die Arbeit also ausbeuten. Ohne Arbeit kann der Arbeiter seine Arbeitskraft aber auch nicht sinnvoll einsetzen. Dem ausgebeuteten Arbeiter geht es also besser als dem einkommenslosen Arbeitslosen.

 

 

Die Betriebe bieten den Märkten eine Problemlösung als Produkt an. Damit müssen Bedürfnisse der Kunden befriedigt werden. Die Kunden müssen bereit sein, dafür Geld so viel auszugeben, dass die Leistung kostendeckend und gewinnbringend erbracht werden kann.

Zur Realisierung der Problemlösung muss eine Anschubfinanzierung der Wertschöpfung ① organisiert werden. Damit werden Investitionsgüter und die Vorleistungen für die Produktion erworben sowie Personal ② bezahlt. Diese drei betrieblichen Produktionsfaktoren werden in der Produktion zur betrieblichen Leistung ③ kombiniert. Dabei entstehen auch Abfälle und Emissionen ④, die entsorgt bzw. gereinigt werden müssen.

Es muss sich bei der betrieblichen Leistung nicht um ein physisches Produkt handeln. Das Produkt im Handel ist die Verbindung zwischen Produzent und Konsument. Auch Dienstleistungen sind Produkte. Je nach Branche haben Investition, Material und Personal ein unterschiedliches Gewicht, die Grundstruktur ist aber gleich. Über den Verkauf gelangt das Produkt zum Kunden ⑤. Aus den Umsätzen wird dann die weitere Wertschöpfung ⑥ finanziert, und die Anschubfinanzierung sollte auch langsam zurückgezahlt werden können. Aus Rückmeldungen der Kunden ⑦ sollte auch eine laufende Verbesserung der Produkte erfolgen.

Anschließend wiederholen sich die Abläufe ② bis  ⑦.

 

Man könnte die Betriebswirtschaftslehre (BWL) mit den Ingenieurwissenschaften vergleichen. Ein Kfz-Ingenieur befasst sich mit den technischen Funktionen in Kraftfahrzeugen, ein Betriebswirt mit der Funktion von Betrieben bzw. Unternehmen. Wie der Kfz-Ingenieur dann die verschiedenen Komponenten des Fahrzeugs wie z.B. Motor, Fahrwerk oder Getriebe getrennt betrachtet, unterscheidet auch der Betriebswirt zwischen verschiedenen Aufgaben wie Einkauf oder Verkauf. Die Funktionen in einem durchschnittlichen Industriebetrieb, die die Vorlage für die Gliederung der Kapitel 2 und 3 bilden, können mit folgender Grafik veranschaulicht werden:

  

Abb. 2: Funktionen in einem Industriebetrieb

 (Quelle: eigene Darstellung)

 

Der Einsatz von Geld und Personal wurde in der Darstellung hervorgehoben. Es sind keine eigentlichen betrieblichen Funktion, sondern Mittel zum Zweck. Durch sie werden die betrieblichen Funktionen ausgefüllt. Man könnte den Pfeil von den Finanzen zum Personaleinsatz auch direkt verbinden. Dann würde man die Personalverwaltung als unterstützende Funktion ansehen.

 

Es kann grob zwischen Funktionen innerhalb der betrieblichen Wertschöpfungskette, die im Kern aus Einkauf – Produktion – Verkauf besteht, und unterstützenden Funktionen unterschieden werden. In den Kernfunktionen wird aus dem Verkauf der betrieblichen Leistungen Geld erwirtschaftet, das zum größten Teil wieder für den Einsatz von Personal, den Einkauf von Material und Energie sowie für Investitionen verwendet wird. Ein kleinerer Teil wird für die Durchführung unterstützender Tätigkeiten verwendet. Im Personaleinsatz müssen neben den Kerntätigkeiten der Wertschöpfungskette auch unterstützende Tätigkeiten abgedeckt werden.

 

Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Beziehungen verschiedener betrieblicher Funktionen miteinander darzustellen. Hier wird ein weiteres Beispiel vorgestellt:

 

Abb. 3: betriebliche Funktionen

(Quelle: eigene Darstellung)


Der Wertschöpfungsprozess wird besonders durch Personaleinsatz und dem Finanzbereich als Navigationssystem der Unternehmensführung ermöglicht. Für diese drei wichtigsten Funktionen (gelb unterlegt) sind die wichtigsten Unterfunktionen aufgeführt. Daneben gibt es Verbindungen, die durch die Pfeile markiert sind, die mit Buchstaben versehen sind. Sie haben folgende Bedeutung:

zu A:
Die überwiegende Zahl der Investitionsentscheidungen und vor allem die Wichtigsten betreffen den Wertschöpfungsprozess. Hier werden Informationen aus dem Wertschöpfungsprozess für die Entscheidungsfindung benötigt.

zu B:
Investitionen benötigen auch eine Finanzierung. Das gilt besonders für Großinvestitionen, die nicht aus den laufenden Einnahmen aus dem Umsatzprozess gedeckt sind.

zu C:
Informationen über den Umfang dieser Finanzierungsmöglichkeiten aus dem operativen Cashflow sind deshalb erforderlich. Die Finanzierung betrifft aber nicht nur Investitionen, sondern den gesamten Wertschöpfungsprozess. 

zu D:
Es gibt einen engen Informationsaustausch zwischen Finanzen und Finanzierung.

zu E:
Die Beziehungen zu Fremdkapitalgebern sowie zu Aktionären müssen mit der Investor-Relations-Funktion gepflegt werden, damit bei Bedarf schnell weitere Finanzierungsspielräume eröffnet werden können. Hierfür werden finanzielle Information aufbereitet und übermittelt.

zu F:
Auch Investitionsentscheidungen stützen sich auf Informationen aus dem Finanzbereich. Getätigte Investitionen haben eine Bedeutung für die Unternehmensplanung. Weil ca. 80 % der zukünftigen Kosten durch die Investition festgelegt werden, ist sollte ein Investitionscontrolling (vgl. 2.2.2. / Abb. 7) für die Optimierung der Investitionsentscheidungen zu empfehlen.

zu G:
Für seine Planungs- und Kontrollaufgabe benötigt der Finanzbereich laufende Informationen aus dem Wertschöpfungsprozess.

zu H:
Der Personaleinsatz erfolgt überwiegend im Wertschöpfungsprozess. Für die Personalbeschaffung muss hier der Personalbedarf ermittelt werden.

zu I:
Der Wertschöpfungsprozess wird durch den Verkauf der Erzeugnisse angetrieben. Deshalb sind die Beziehungen zu den aktuellen und potentiellen Kunden zu pflegen, um für die Entwicklung des Unternehmens ein optimales Umfeld zu schaffen.

zu J:
Das positive Umfeld kann auch weiter gefasst und als gesellschaftliche Umwelt verstanden werden. Diese Public-Relations-Aufgabe will zwar das Ansehen des Unternehmens insgesamt und unabhängig von den Produkten pflegen, dabei wird die eigene Zielgruppe aber der Ausgangspunkt bleiben.

zu K:
Die Verbindungslinie zwischen Personal- und Finanzbereich beschränkt sich weitgehend auf den Austausch von Daten aus der Personalabrechnung und aus dem Personaleinsatz, die aber auch überwiegend für die Lohnabrechnung und die Abrechnung von Aufträgen benötigt werden.

 

Es ist die Aufgabe der BWL, den Einsatz von Geld und Personal möglichst effektiv und effizient zu gestalten, um beim Vergleich mit dem Kfz-Ingenieur zu bleiben, den Motor also auf mehr Leistung und weniger Verbrauch zu trimmen. Würde man das Unternehmen mit einem (schwerfälligen) Schiff vergleichen, dann wäre die Produktion die Maschine, der Verkauf die Antriebswelle, die die Motorkraft in Bewegung umsetzt, das Management wäre die Steuerung und das Rechnungswesen die Navigation (Radar + GPS). Alle Komponenten müssten optimal auf einander abgestimmt werden.